What do we want? Climate Justice!

19.03.2019

“Ein Streik, der keinen wirtschaftlichen Druck ausübt, ist kein Streik, sondern kollektives Betteln.” Jürgen Peters.
Die Gletscherschmelze im Himalaya lässt die grossen Flüsse Asiens austrocknen, die Lebensadern eines gigantischen Kontinents. Korallenriffe werden zur Unterwasserödnis, die Meerestemperatur steigt, extreme Wetterphänomene zerstören ganze Landstriche, Tier- und Pflanzenarten sterben in Rekordschnelle aus. Die Katastrophe geschieht in einer Geschwindigkeit, in der kein Ökosystem das gewaltsam herbeigeführte Ungleichgewicht wieder austarieren könnte.
Die Klimastreikbewegung wächst, Zehntausende gehen bei kalten Wintertemperaturen auf die Strasse. Ihre bunten, selbstgemalten Transparente und Bilder sind überall in den Medien zu sehen und den streikenden Schüler*innen bläst ein harter Wind entgegen. Selbst wohlwollende Stimmen kritisieren gerne nicht nur den Streik als Mittel zum Zweck, sondern auch die Integrität der Streikenden. Auch die Aktivisten und Aktivistinnen hätten keine weisse Weste und ihr Konsum widerspräche den gepredigten Idealen. Dabei wird die Frage ignoriert, warum es denn so aufwendig bis unmöglich ist, den Ansprüchen an einen klimaneutralen Lebenswandel gerecht zu werden. Dem müssen wir nachgehen.
Schweizer Gewässer sind stark mit Pestiziden belastet, aber ein Pestizidverbot würde laut Prognosen zu starken Preisanstiegen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen führen. Wird die industrielle Landwirtschaft und die Massentierhaltung beklagt, geht gerne vergessen, dass deswegen Nahrungsmittel so günstig sind. Dass Kleider vergleichsweise billig sind und Unternehmen dennoch enorme Gewinne erzielen, liegt an himmelschreienden Produktionsverhältnissen und miserablen Arbeitsbedingungen. Wer Essen, Kleider und Dinge des alltäglichen Gebrauchs aus fairem Handel und umweltschonender Produktion kaufen möchte, muss tief in die Tasche greifen.
Die Verantwortung für das Wohl des Planeten auf die Einzelperson abzuwälzen und einen bewussten Umgang einzufordern, ist ein neoliberales Modell. Ein gesunder, oberflächlich nachhaltiger Lebenswandel bleibt so den wohlhabenden Schichten vorbehalten. Oberflächlich, weil er den unfreiwillig klimaschädlichen Lebensstil tausend anderer bedingt, die sich schlicht kein Bio-Rapsöl und keine ProSpecieRara-Peperoni leisten können. Im Kapitalismus ist bezahlbar und nachhaltig ein Widerspruch.
Damit der maximale Profit herausgeholt werden kann, dürfen die wahren Kosten nicht von den Verursachenden getragen werden. Sie werden zum Beispiel auf die Länder des Südens und auf die Natur abgewälzt. Dass unser Planet kein Selbstbedienungsladen ist, wird verleugnet. Tragischerweise ist selbst das Verursacherprinzip beim Klimawandel nicht griffig. Die angerichteten Schäden sind von keiner Person, keinem Konzern, keiner Lobby, keinem Staat auch nur ansatzweise kompensierbar. Natur wird als kostenlose Ressource gewertet und die Rechnung bezahlen als allererstes die ärmeren Regionen, wo keine Schutzmassnahmen gegen Stürme, Dürren oder Überschwemmungen finanziert werden können. Schlussendlich bezahlen alle kommenden Generationen für eine Krise, die ihre Eltern versäumt haben als solche anzuerkennen.
Geschäfte auf Kosten der Umwelt füllen einigen wenigen die Taschen und ignorieren, dass Wasser, Boden und Luft keine herkömmlichen Güter sind. Ist ein Stück Wald abgeholzt und der Humus vom Regen weggeschwemmt, kann nicht einfach ein neues produziert werden. An diese Grundlagen allen Lebens dürfen keine Besitzansprüche geäussert werden, kein Recht auf Verbrauch.
Dass radikales Umdenken gefragt ist, lässt sich kaum mehr leugnen. Doch angesichts der heutigen Umstände haben sich unheimliche Allianzen gegen einen Systemwandel gebildet: Das Kapital profitiert vom aufflammenden Faschismus und Rechtspopulismus. Das World Economic Forum, Trumps Klimapolitik und Bolsonaros Umgang mit den natürlichen Ressourcen Brasiliens zeigen dies beängstigend deutlich auf.
Wenn wir uns über Rodungen im Regenwald und Pipelines empören, dürfen wir nie vergessen, dass diese nur möglich sind, weil die Rechte der dort lebende Menschen mit Füssen getreten werden. Wenn wir Berichte über die Ausbreitung der Wüsten lesen, müssen wir an die Millionen Menschen denken, die als Klimaflüchtlinge ihre Heimat verlassen müssen.
Der Kampf um Klimagerechtigkeit ist auch ein Kampf um soziale Gerechtigkeit.
Lassen wir unseren Streik nicht zu einem kollektiven Betteln verkommen, sondern bauen wir gemeinsam Druck auf. Seien wir uns bewusst, dass viele Menschen ökonomischen Zwängen unterworfen sind, die sie daran hindern, sich aktiv für das Klima einzusetzen. Es sind nicht die Arbeiter*innen, die wegen fehlendem ÖV auf das Auto angewiesen sind; die Menschen im Prekariat, die sich von Fertigprodukten ernähren, um die Miete zahlen zu können; nicht die Eltern, deren Einkommen von den Krankenkassenprämien weggefressen wird, die wir zur Verantwortung ziehen müssen. Es sind die Regierungen und Konzerne, die Menschenleben vor Profite stellen müssen. Wir müssen mit dem System der Gewinnmaximierung brechen.
System change not climate change - JUSO in den Landrat am 31. März!
Anna Holm, Landratskandidatin Muttenz-Birsfelden