Blogeintrag auf unserer Wahlkampfwebseite von Adil Koller vom 10.01.2015
Zwölf Tote Angestellte eines Satire-Magazins. Das sind Menschen mit Familien, Kindern, Geschichten. Die Bilder gehen um die Welt. Verübt wird das Attentat von Menschen, die sich als Muslime bezeichnen.
Es sind diese Momente, an denen ich an die Sonntagabende in der Wohnung meines Vaters aus Pakistan denke. Man sagt, es sei nirgendwo so gefährlich wie in seinem Heimatland. Die Wände voller Fotos von den grössten Moscheen der Welt, die er besucht hat – friedliche Wallfahrtsorte für Menschen, die ihr Glück suchen. Wenn ihn die Nachricht eines Anschlages erreicht, sagt er: Terroristen haben keine Religion und keine Nationalität. Sie sind Terroristen. Er versteht diese Menschen nicht. Muslime müssen sich von Terroristen ebenso viel oder wenig distanzieren, wie es Christen oder Atheisten tun sollten.
Ich schreibe diesen Text am Tag des Ereignisses, bin erschüttert, aufgewühlt. Es ist ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit, auf das Herz der Demokratie. Nicht nur versuchen hier Gewalttätige, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken, ebenso werden Einige gerade aus diesem Grund fordern, Freiheiten einzuschränken. Doris Leuthard hat mit ihrem Tweet den ersten Schritt gemacht. Rechtskonservative bewerben am Tag des Attentats ein neues Schnüffelgesetz, das die Freiheit von allen einschränkt.
Ich weiss auch, dass nach dem Moment des Schockes die Wut hervorkommen wird. Und ich befürchte, dass sie sich mit der einen Diskussion vermengen wird, die seit einigen Jahren auch in der Schweiz geführt wird und völlig aus dem Ruder läuft.
Die Debatte um die Religionszugehörigkeit von Migrantinnen und Migranten hat sich in der letzten Zeit verschärft, wird immer abstruser. Da ist mehr als die Weltwoche und Andreas Thiel. Ich erinnere mich auch an die Minarett-Initiative, an die Plakate dazu, an die Inserate, die vor der explodierenden Anzahl Muslime warnen, mit einem Graphen, der durch die Decke bricht, mit einer völlig verhüllten Frau. Ein Klima der Angst. Angst vor dem Fremden.
Sie wird angeheizt durch solche Attentate. Angeheizt von Menschen, die ihre grässlichen Taten mit einer Religionszugehörigkeit zu begründen versuchen. Die Attentäter rufen „Allahu akbar“. Sind sie deswegen Muslime? Stehen sie deswegen für den Islam? Warum fordert man nur von Muslimen, sich vom Anschlag zu distanzieren? Das verstehe ich nicht.
Der Islam ist weder eine gewalttätige, noch eine friedliche Religion. Es hängt von den Menschen ab, die ihren Islam so oder so interpretieren. Ich bin davon überzeugt, dass Menschen sich einer Religion anschliessen, um Halt, Trost und Schutz zu finden. Gläubige finden in schlechten Zeiten Hilfe im Glauben. Das ist gut so. Ich finde keinen Grund, Menschen wegen ihrer Suche nach ihrem persönlichen Glück auszugrenzen. Ich finde keinen Grund, Menschen mit Zugehörigkeit zu einer gewissen Religion auszugrenzen – schon gar nicht weil Andere behaupten, im Namen ebendieser Religion zu töten.
Sollte die Gesellschaft genau dies versuchen und sich so spalten, sollte die Demokratie eingeschränkt werden und so ein neues Klima des Hasses die Menschen erfassen, dann gibt es keine Gewinner: Der Terror siegt. Ich erinnere mich an die Worte des ehemaligen Norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg: Unsere Antwort auf Gewalt ist noch mehr Demokratie, noch mehr Menschlichkeit, aber nicht noch mehr Naivität. Das sind wir den Opfern schuldig.
Auch fast 4 Jahre nach Utøya sind das Worte, die mich berühren. Ich wehre mich gegen Kategorisierungen, die friedliche Menschen einengen und sie unter den Verdacht stellen, mit sinnloser Gewalt unter einer Decke zu stecken. Terroristen haben keine Religion oder Nationalität. Sie sind Terroristen.
Adil Koller, Landratskandidat, Münchenstein, Wahlkreis Münchenstein