Pyromanische Baselbieter Kämpfer

16.07.2014

Gastbeitrag von Jan Kirchmayr (JUSO) und Yves Krebs (glp) in der Basler Zeitung vom 16. Juli


Am 6. September treffen sich die Hülftenschänzler zu einer flächendeckenden Aktion mit Höhenfeuern. Das ist ihr gutes demokratisches Recht. Die Arlesheimer Exekutive hat die Bewilligung verweigert. Hätten feuerpolizeiliche oder lufthygienische Gründe den Ausschlag gegeben, wäre dieser Entscheid verständlich. Die willkürliche Ablehnung des Gemeinderates hingegen verletzt das Grundrecht der Kundgebungsfreiheit. Damit hat es sich jedoch mit unserer Solidarität zu den Ewiggestrigen.


Fensterplatz in Geschichte


Die Leute aus dem Dunstkreis von Pro Baselbiet hatten wohl vor einigen Jahrzehnten einen Fensterplatz in der Geschichtsstunde. Mit diesen Höhenfeuern trampeln sie mächtig in ein historisches Fettnäpfchen ‒ genauso wie mit ihrer Verehrung für Stephan Gutzwiller, einem gebürtigen Franzosen, überzeugten Europäer und Revolutionsführer wider Willen. Dieser hat sich lediglich mit einer Bittschrift für die Erweiterung der Volksrechte der Landbevölkerung eingesetzt. Sein Ziel war die Wiederherstellung eines einigen Kantons Basel mit Gleichberechtigung zwischen Stadt und Land.


Höhenfeuer vor Hülftenschanzschlacht


Seit Urzeiten nutzen Menschen die Höhenfeuer als Alarmzeichen, so auch im Baselbiet anno 1833. Basler Truppen setzten einerseits die separatistischen Gemeinden unter Druck, anderseits mussten sie baseltreue Gemeinden im Reigoldswilertal oder in Diepflingen vor Übergriffen schützen. Auch Gelterkinden wollte es sich nicht verscherzen mit der Stadt. Die beiden Seidenbandwebereien der Basler Seidenherren boten den Posamentern Arbeit und Auskommen.


Auf dem Martinsturm war ein Beobachtungsposten eingerichtet. Im Notfall sollte ein Höhenfeuer Hilfe aus Basel anfordern, wie in der Nacht auf den 3. August 1833. Kurz darauf rückte eine Basler Hilfsexpedition aus. Die folgenden zwölf Stunden gehören zu einem beschämenden Kapitel unserer Geschichte, dessen Chronologie wir auf altbasel.ch nachlesen können.


Lifestyle-Siebedupf-Chauvinisten


Das Höhenfeuer war also keineswegs eine Manifestation für ein selbständiges Baselbiet! Die Vermutung liegt nahe, dass die historische Wahrheit zweitrangig für die Hülftenschänzler ist. Sie konstruieren sich lieber ihr eigenes Geschichtsbild, um ihren Siebedupf-Lifestyle zu zelebrieren. Frei nach dem Motto: Hauptsache einen Grund finden für ein Bratwurst- und Bierfest mit schiefem Gesang. Ein Mikrokosmos unter Gleichgesinnten zur Glorifizierung ihres Schwarz-Weiss-Weltbildes. Ein Feuer befriedigt zudem den männlich-pyromanischen Urtrieb.


Was wollen die Selbständigkeitskämpfer mit diesen albernen Höhenfeuern überhaupt bezwecken ausser Feinstaub-Emissionen? Erinnern an verheerenden Brandstiftungen im Verlauf der Trennungswirren in Pratteln oder Gelterkinden? Oder an die Hilferufe der baseltreuen Gemeinden?


Übrigens: 1833 kam die Artillerie aus Luzern, Offiziere aus Polen. 1969 war der führende Nein-Sager ein Zürcher. Interessanterweise haben auch heutzutage viele Lifestyle-Rotstäbler einen Dialekt-Migrationshintergrund – nicht nur der oberste Kämpfer.


Uns ist schleierhaft, wie man die Ereignisse der Kantonstrennung derart glorifizieren kann. So sehr wir das undemokratisch regierte Basel von 1833 ablehnen. So sehr wir mit dem damaligen freiheitlichen Geist der Baselbieter sympathisieren. Irgendwann müssen wir über die tragischen Ereignisse vor 181 Jahren hinwegkommen.


Die Chance am 28. September 2014


Mit 75 Verfassungsräten und Verfassungsrätinnen aus BL und 50 aus BS ist die gefürchtete städtische Dominanz ausgeschlossen. Nehmen wir mit einem Ja zur Prüfung der Kantonsfusion die erste Hürde im Fusionsprozess. Glauben wir an die Chancen, unsere Kräfte zu bündeln. Zeigen wir etwas Pioniergeist für ein Generationenprojekt. Bieten wir der Jugend eine glaubwürdige Perspektive. Pflegen wir gleichzeitig das lokale Brauchtum. Nur mit einer Telefonnummer hat unsere Region ein stärkeres Gewicht in Bern.


Jan Kirchmayr, Co-Präsident JUSO BL, und Yves Krebs, Vizepräsident glp BL, sind Mitglieder im Organisationkomitee «Jugend für ein Basel»