Es geht auch ohne AKWs!

28.08.2015

Blog von Nationalratskandidatin Desirée Jaun aus Birsfelden
Wenn ich überzeugt sage, dass es auch ohne Atomkraftwerke geht, versuchen die „BefürworterInnen“ mir klar zu machen, dass wir eine Stromlücke hätten, falls wir alle fünf Reaktoren in der Schweiz ausschalten würden. Wir könnten uns nicht selbst mit Strom versorgen und würden im Dunkeln sitzen. Die Züge würden nicht fahren und in den Spitälern würde erst recht das Chaos ausbrechen. Und wir müssten ja sowieso schmutzigen Strom, sprich ebenfalls Atomstrom, importieren. Vielleicht ist „BefürworterInnen“ falsch ausgedrückt.
Denn wer kann sich im heutigen Zeitalter und mit dem heutigen Wissensstand noch ganz und gar für AKWs aussprechen? Ich nehme mir jetzt einfach mal die Freiheit heraus, zu behaupten, dass sich praktisch niemand mehr auf diese Seite stellen würde. Die Menschen, die sich für ein Atomkraftwerk äussern, sehen zwar die Gefahren des Atommülls sowie das ungelöste Problem der Endlagerung, doch sie gewichten wohl die Angst vor der Unterversorgung mit Strom höher. Dabei lassen die „BefürworterInnen“ ausser Acht, dass diese Versorgung auch mit erneuerbaren Energien, wie Wind, Sonne oder Wasser erreicht werden kann. Und dies auch noch umweltfreundlich und ohne tödliche und umweltvernichtende Abfallstoffe!
Doch kommen wir zurück zur befürchteten Stromlücke. Seit dem 14. August 2015 sind bloss vier von fünf der Schweizer AKW-Reaktoren in Betrieb. Und ab der Nacht auf den 17. August 2015 produzierte die Schweiz sogar während fast zwei Tagen keinen Atomstrom mehr. Aufgrund von Revisionsarbeiten sowie Sicherheitsmängeln wurden alle fünf Schweizer Reaktoren vom Betrieb genommen. Nebst den regelmässigen Revisionsarbeiten in den AKWs wurde das Kernkraftwerk in Gösgen wegen einer Dampfleckage im Turbinenkreislauf und der Reaktordruckbehälter I in Beznau wegen Schwachstellen abgeschaltet. In diesem Behälter befinden sich die hochempfindlichen und gefährlichen Brennstäbe, die einen gesicherten Betrieb erfordern. Solche Schwachstellen sind nicht akzeptabel.
So wurde also in der Schweiz während zwei Tagen weder Atomstrom noch -müll produziert. Diesen Zustand gab es noch nie. Und die grosse Stromlücke blieb tatsächlich aus. Dies dank dem stetigen Ausbau der erneuerbaren Energien in der Schweiz während den letzten Jahren und auch dank der guten und effizienten Vernetzung im Europäischen Stromnetz. Solche Ausfälle können dadurch gut aufgefangen werden. Und dies, ohne dass schmutziger Strom importiert werden muss. In den Sommermonaten kann die Schweiz ohne die AKWs problemlos genügend Storm produzieren. Doch auch in kälteren Monaten kann durch die gute Vernetzung sauberer Strom importiert werden, um den Strombedarf in der Schweiz zu decken. Mit dem laufenden Ausbau der erneuerbaren Energiequellen im Inland wird der Importbedarf stetig reduziert, bis eine eigenständige, umweltfreundliche und ressourcenschonende Stromversorgung ermöglicht wird.
[caption id="attachment_3028" align="alignright" width="502"] Quelle: Greenpeace[/caption]
Das Atomkraftwerk Beznau ist seit 1969 in Betrieb und ist das älteste noch aktive Atomkraftwerk der Welt. Beim Bau waren die Technologien noch lange nicht so ausgereift wie heute. Kein Wunder also, dass das Kraftwerk schon länger kränkelt. Das AKW in Beznau würde einem schweren Erdbeben nicht standhalten, ist zu wenig gegen Flugzeugabstürze oder Hochwasser geschützt und weist Schäden in der Schutzhülle auf. Diese Mängel können auch mit erhöhten Sicherheitsauflagen des ENSI nicht komplett entschärft oder behoben werden. Es ist also höchste Zeit, das älteste noch betriebene Atomkraftwerk der Welt abzuschalten und keine weiteren Risiken einzugehen! Spätestens nach dem Super-GAU in Fukushima sollte klar sein, dass mit Störungen in einem Atomkraftwerk nicht zu spassen ist. Weshalb viele Menschen noch immer leichtfertig mit solchen Nachrichten umgehen oder die Forderung nach einer sofortigen Abschaltung zumindest dieser veralteten Reaktoren ablehnen, ist mir ein Rätsel. Nun kann diesen Personen immerhin aufgezeigt werden, dass es auch ohne Atomstrom geht.
Die Schweiz muss noch mehr in erneuerbare Energien investieren, um zu 100 % und zu jeder Zeit sauberen Strom gewährleisten zu können. Parallel dazu müssen alle Atomkraftwerke stillgelegt werden. Nur so können wir einen Teil zur atomfreien Welt beitragen. Nur so stoppen wir die Produktion des tödlichen und nicht entsorgbaren Atommülls und nur so schaffen wir nachhaltige Bedingungen für die folgenden Generationen!
Leider hat der Nationalrat die Chance verpasst, eine Frist für die Abschaltung der AKWs zu setzen. Im Ständerat sieht es nicht besser aus. Die entsprechende Energiekommission schlägt sogar vor, ganz auf eine Beschränkung der Laufzeit zu verzichten. Wir können uns also nicht auf die PolitkerInnen in Bern verlassen. Wir müssen uns selbst für den möglichst raschen Atomausstieg und den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien einsetzen!