Die Durchsetzungsinitiative schadet unserem Rechtsstaat

08.02.2016

Blogbeitrag von ​Wies Toebak, Einwohnerratskandidatin SP Liestal
Die Ausschaffungsinitiative der SVP wurde am 28. November 2010 durch das Schweizer Volk angenommen. Diese besagt das Ausländer_innen, die gewisse Straftaten begehen, beispielsweise Sexualverbrechen oder Verbrechen, die zur Folge Tod, schwere Verletzungen oder Gefährdung haben, ausgeschafft werden können.
Das Schweizer Parlament hat diese Initiative innerhalb der vorgegebenen Frist von 5 Jahren umgesetzt. Jedoch hat das Parlament eine Härtefallklausel mit in das Gesetzt aufgenommen, deswegen steht das neue Gesetz nicht in Konflikt mit den Menschenrechten und dem Prinzip der Verhältnismässigkeit. Es gab kein Referendum gegen die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative. Die SVP hat jedoch schon im Jahr 2012 eine neue Initiative lanciert, die Durchsetzungsinitiative. Sie sollte noch härter gegen kriminelle Ausländer_innen vorgehen.
Die Durchsetzungsinitiative besagt, dass Ausländer_innen, die eine der Straftaten, die im Initiativtext erwähnt werden, getan haben, automatisch ausgeschaffen werden. Das Gewicht der Tat oder die Höhe der Strafe spielen dabei keine Rolle. Dies führt dazu, dass auch leichtere Taten zur Ausschaffung führen können, was wiederum Artikel 5 Absatz 2 in der Bundesverfassung widerspricht, denn dort heisst es, dass Gesetze verhältnismässig sein müssen.
Zusätzlich verstösst die Initiative gegen die Menschenrechte. Wenn die Durchsetzungsinitiative angenommen würde, würde auch der Schweizer Rechtsstaat in Frage gestellt werden. Denn ein Rechtsstaat schreibt vor, dass das Parlament Gesetze erlässt und dass ein Staat die Menschenrechte respektiert. Diese Initiative enthält einen Katalog mit detailliert formulierten Straftaten, die zur automatischen Ausschaffung führen. Das Parlament kann hier nichts mehr korrigieren. Auch reicht schon ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft, um jemanden auszuschaffen. Dies nimmt dem Gericht das Recht weg, jeden Fall als Einzelfall zu berücksichtigen und abzuwägen ob die Strafe wirklich verhältnismässig ist. Zudem sollte die Durchsetzungsinitiative die Härtefallklausel ausschalten, diese gäbe den Richtern das Recht einen Einspruch gegen eine automatische Ausschaffung zu erheben, beispielsweise wenn der kriminelle Ausländer/die kriminelle Ausländerin Kinder in der Schweiz hätte. Darum bedeutet die Durchsetzungsinitiative nichts anderes als die Aufhebung der Gewaltenteilung.
Das Argument der SVP, dass "brave Ausländer_innen" von grösserer Akzeptanz und mehr Sicherheit profitieren, wenn die Durchsetzungsinitiative angenommen werden würde, ist sehr fragwürdig. Denn die Initiative könnte auch genauso mehr Angst vor Ausländer_innen in der Schweizer Bevölkerung fördern. Was die Annahme der Durchsetzungsinitiative sicher mit sich bringt, ist eine schwerwiegende Belastung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU.
Diese Initiative ist brandgefährlich. Sie zieht viel mehr negative Konsequenzen nach sich, als auf den ersten Blick erkennbar ist. Umso gefährlicher ist es darum, dass die Befürworter zudem mit Halbwahrheiten und falschen Zahlen operieren.