Die Armee gehört abgeschafft

09.08.2016

Blogeintrag von Nils Jocher, Vorstand JUSO BL
Sicherheit ist wichtig. Niemand will sich unsicher fühlen, niemand will Angst haben, niemand will Diebstähle, Vergewaltigungen oder Krieg. Christian Keller propagiert in seinem Artikel «Zivildienst gehört abgeschafft» ein Sicherheitsbild, das mich stark an vergangene, konservative Werte und Zeiten erinnert. Dass das Konstrukt der Nationalstaaten bereits vor rund hundert Jahren gescheitert ist, scheint ihm egal zu sein. Mehr als klar ist auch, dass die Schweizer Rüstungsindustrie, aber auch der Finanzplatz Schweiz, mit ­Waffenexporten und ominösen ­Spekulationsgeschäften massgeblich dazu beitragen, dass Hunger, Elend und damit einhergehend auch Krieg und Flüchtlingsströme zunehmen.
Es ist naiv zu glauben, dass es ­sinnvoller ist, Tausende junge Männer mit Gewehren an die Grenze zu schicken, anstatt beispielsweise das ­Bildungs- oder das Gesundheitswesen zu entlasten.
Die aktuell aufkeimende Angst vor Terroranschlägen kommt primär von der zunehmenden Vernetzung der Welt und der starken Nutzung der sozialen Medien. Die Statistiken des US-Aussenministeriums, und die sind meines Erachtens etwas genauer als die Befindlichkeit von Kellers Schwiegervater, zeigen klar, dass die Anzahl Terroranschläge im Vergleich zum letzten Jahr sogar um 13 Prozent gesunken ist.
Ich bin überzeugt: Gerade die Schweiz muss eine fortschrittliche ­Politik betreiben. Dazu gehören sowohl Änderungen in der Aussenpolitik als auch Änderungen bei der Dienstpflicht. Waffenexporte gehören verboten und multinationale Konzerne mit Sitz in der Schweiz müssen endlich in die Verantwortung genommen ­werden, wenn es um die Einhaltung von Menschenrechten geht. Zudem ist gerade in einer globalisierten Welt die Zusammenarbeit mit anderen Staaten wichtig. Dass die aktuelle neoliberale Mehrheit in der EU keine Politik für alle, sondern für wenige betreibt, ist klar. Mit mehr Waffen und mehr Kriegstauglichkeit kommen wir dem Ziel eines solidarischen Miteinanders und einer friedlichen Welt aber keinen Schritt näher.
Daneben braucht es Änderungen bei der Dienstpflicht: Zwar ist es sicherlich so, dass ein Teil der Stellungspflichtigen aus Gründen des Komforts Zivildienst leistet und nicht aus Gewissensgründen. Übel nehmen kann man ihnen das aber nicht. Sie leisten freiwillig eineinhalb Mal länger Dienst für unsere Gesellschaft und nicht nur für unsere Landesgrenzen. Ziemlich schnell merken alle, dass Zivi zu sein kein Zuckerschlecken ist, sondern richtige Arbeit, die im Gegensatz zum Militär anderen Menschen hilft. Für eine ­funktionierende Gesellschaft ist es aber wichtig, dass alle ihren Beitrag leisten und nicht nur junge Männer.
Deswegen fordere ich Dienstpflicht für alle. Dazu gehören jene mit dem roten Pass und jene ohne den roten Pass. Dazu gehören Frauen, Männer und alle, die sich nicht einem dieser Geschlechter zugehörig fühlen. Ich ­fordere die Einführung eines einjährigen Gesellschaftsdienstes. Alle sollen sich ein Jahr nicht nur auf ihre persönlichen Ziele fokussieren, sondern der Gemeinschaft Gutes tun. Denn wenn die heutige Jugend ein Problem hat, dann ist das kaum die Bequemlichkeit.
Vielmehr fehlt der Blick für das grosse Ganze. Es fehlt das Bewusstsein, dass es in ganz vielen verschiedenen Bereichen des Lebens Menschen braucht, die sich engagieren. Wir wollen schliesslich menschenfreundliche Altersheime, gepflegte und geschützte Alpen und Naturschutzgebiete und wir wollen ein Bildungssystem, das niemanden ausser Acht lässt.
Ich bin kein Militärdienstverweigerer, weil ich keine Lust auf Zelten, ­Wandern und Kameradschaft habe. Ich bin Militärdienstverweigerer, weil ich es falsch finde, jährlich mehrere ­Milliarden für Munition, grüne Tenues, und Nationalstolz in eine Institution zu investieren, die Gewalt und Krieg als legitimes Mittel erachtet. Ich bin Militärdienstverweigerer, weil ich lieber Lehrpersonen entlaste, benachteiligte Kinder in einer Tagesstruktur betreue und eine Vorbildfunktion einnehme, die ein Miteinander statt ein Gegen­einander verkörpert. Den wertvollen Bei­trag, den rund 6000 Zivildienst­­leistende bereits heute tagtäglich für unsere Gesellschaft leisten, dürfen wir nicht gefährden.
Die Armee gehört abgeschafft.