Baselbiet: Durchschnitt und Arm

01.09.2011

Gestern berichtete die Basellandschaftliche Zeitung, dass die Ratingagentur Standard & Poors dem Kanton Basel-Landschaft weiterhin das AAA (Triple A) gibt. Mut hatte der Redaktor, diese Nachricht mit "Finanzpolitischer Musterschüler" zu übertiteln. Denn die Assoziation mit dem darunter abgebildeten FDP-Finanzdirektor Adrian Ballmer ist nicht gerade glücklich. Seit längerem beklagen Landrätinnen und Landräte die Finanzpolitik Ballmers, nicht erst seit dem Sparpaket. Vor allem aber würde ein Musterschüler die Krise wohl ohne so drastisches Sparpaket und der Gefahr eines Downgradings überwinden können.
[caption id="attachment_626" align="alignright" width="300" caption="Börse Chicago (by Jean-Marie Welbes)"][/caption]
Standard & Poors, also Durchschnitt und unter dem Durchschnitt, gibt dem Baselbiet weiterhin die beste Note, wenn das Sparpaket durchgezogen wird. Wir werden also von einer New Yorker Firma, zumindest mit sanftem Druck, dazu gezwungen, zu sparen, abzubauen - unseren Kanton weniger lebenswert zu machen. Bei der Bildung, dem öffentlichen Verkehr und den Sozialleistungen wird gespart.
Offenbar sind den bürgerlichen Noten wichtiger als das, was die Menschen im Kanton tagtäglich betrifft. Diese Nachricht zeigt auch noch etwas anderes: Die Wirtschaft diktiert, was die Politik zu tun hat. Wenn Banken taumeln, springt die Politik ein. Und auch wenn wegen diesen Banken und der von ihnen ausgelösten Krise die Staatsfinanzen schlechter sind, muss die Politik den Ratingagenturen gerecht werden.
Das müssen wir ändern. In einem Land, einem Kanton muss sich die Regierung oder das Parlament gegen die Finanzwirtschaft und ihre Gelüste behaupten können. Nun bedeutet das nicht, dass wir gegen Finanzinstitute arbeiten sollten, sondern sie in Schranken weisen und kontrollieren müssen. Was der Bund als neue Regeln verabschiedet hat, geht dabei zwar in die richtige Richtung, aber nicht weit genug.
Ein erster Versuch, das Gleichgewicht zugunsten der Leute zu drehen, war die 1:12-Initiative. Das darf und wird aber nicht der letzte sein. Die Wirtschaft muss zwingend wieder im Dienst der Menschen stehen und darf nicht nur für einige wenige Profite abwerfen.
Foto von Jean-Marie Welbes auf Flickr