Replik zum Artikel Zielgerichtetere Corona-Massnahmen "Sind Migranten öfter wegen Corona im Spital? Das sagen Pflegende"
Eine globale Gesundheitskrise wird zur Befeuerung von Fremdenhass instrumentalisiert
Treffen sich ein schlecht geführte Gesundheitsdirektion, eine fremdenfeindliche Partei und tendenziöser Journalismus während einer Pandemie - Was wie der Anfang eines zynischen Witzes klingt, ist im Bananenkanton Baselbiet passiert. Das Produkt dieses Trauerspiels ist eine Debatte, in der krampfhaft der Zusammenhang zwischen Corona und Nationalität gesucht wird.
Regierungsrat Weber bremst mit keiner Silbe die Suche nach dem Sündenbock aus und lässt mit schwammiger Kommunikation rassistischen Ressentiments und wilden Spekulationen freien Lauf. Wer sich darüber natürlich besonders freut sind seine Parteikolleg*innen bei der SVP. Und deren Mutmassungen und Handgelenk-mal-Pi-Rechnungen werden unkommentiert in der Berichterstattung zitiert. Alle Aussagen stützen sich auf Gerüchte. Klar ist einzig, dass es keine Zahlen und Erhebungen gibt. Darauf ergibt sich die Frage, ob diese Informationen wirklich relevant sind oder ob damit die Grenze zwischen Korrelation und Kausalität verwischt wird.
Die Druckerschwärze für solche Hetzartikel sollten sich die Zeitungen sparen. Anstatt von Patient*innennamen auf die Passfarbe zu schliessen und daraus reisserische Schlagzeilen zu basteln, brauchen wir den Fokus auf denjenigen, die am stärksten unter der Krise leiden. Arme Menschen, Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen und in besonders exponierten Branchen sind dem Virus am stärksten ausgeliefert. Die schlecht bezahlten Berufe, beispielsweise in der Pflege, auf dem Bau und im Reinigungswesen, lassen sich nicht einfach ins home office verlegen. Prekäre Wohnverhältnisse erschweren die Isolation und das Durchbrechen der Ansteckungsketten im persönlichen und familiären Umfeld. Die Wechselwirkung zwischen Armut und Krankheit ist ein weiterer Faktor. Armutsbetroffene Menschen können sich medizinische Behandlungen oft kaum leisten und verzichten auf notwendige Arztbesuche und vorbeugende gesundheitliche Massnahmen. Vorerkrankungen und eine angeschlagene Gesundheit wiederum begünstigen einen schweren Verlauf bei Covid-19. Über eine Million Menschen in der Schweiz sind armutsgefährdet, über 130’000 erwerbstätige Personen sind direkt armutsbetroffen und leben mit weniger als 2293 Franken im Monat. Die Corona-Krise verschärft diese Notlage zusätzlich.
Wenn wir hier den Aufenthaltsstatus ins Spiel bringen wollen, dann im Zusammenhang mit der strukurellen Diskriminierung, die ausländlische Personen besonders dem Virus aussetzt. Die Antwort auf die wachsende soziale Ungleichheit in der Krise ist Solidarität und der Einsatz für eine Gesellschaft frei von existenziellen Ängsten. Statt Boni für Kaderpositionen und Dividendenausschütungen brauchen wir Unterstützung für KMUs und Selbstständige. Pflegeberufe gehören aufgewertet und entsprechend entlohnt, unbezahlte Care-Arbeit braucht Anerkennung und die Gesundheit der Menschen muss bedingungslos über dem Profit des Kapitals stehen.
Anna Holm, Präsidentin JUSO Baselland